Keine Angst vor Fledermäusen

Fledermäusen

Heimische Fledermäuse haben kein SARS-CoV 2-Virus

(harz-aktuell) Immer wieder hört man es und wir bekommen häufig Anfragen zu diesem Thema. Wegen des sich aktuell weltweit ausbreitenden SARS-Coronavirus 2 (SARS-CoV 2), das beim Menschen die Krankheit Covid-19 auslösen kann, kommt es weltweit und natürlich auch hierzulande vermehrt zu besorgten Anfragen bei im Fledermausschutz und in der Fledermausforschung tätigen Personen.

Der Grund für die Besorgnis ist der Umstand, dass in den Medien Fledermäuse regelmäßig als der Ursprung des neuartigen humanen Virus SARS-CoV 2 bezeichnet werden – doch für die hiesigen Fledermäuse trifft das nicht zu! Antipathien gegenüber einheimischen Fledermäusen sind absolut unbegründet. Dazu liegen zahlreiche Forschungsarbeiten vor.

Das Auftreten und die Ausbreitung von SARS-CoV 2 und anderer Zoonosen werden nicht durch einzelne Arten oder Artengruppen, wie Fledermäuse, Schuppentiere, Nagetiere etc. verursacht, sondern sind direkte Folge und Rückkopplung aus dem verheerenden Umgang der Menschen mit Tieren, Ökosystemen und dem daraus resultierenden Artenschwund.

Einheimische Fledermausarten sind nicht mit SARS-CoV 2 infiziert. Es konnten zwar verschiedene Coronaviren in meist tropischen Fledermausarten nachgewiesen werden – diese sind jedoch nur entfernt mit humanen SARS-Coronaviren verwandt und daher für Menschen unkritisch.

Das humane SARS-CoV 2 ist genetisch eng mit Viren aus dem Tierreich verwandt, der unmittelbare Ursprung von SARS-CoV 2 ist aber nach wie vor nicht zweifellos geklärt. Genetisch ähnliche Viren finden sich beispielsweise bei chinesischen Hufeisennasen-Fledermäusen und in Schuppentieren. Es ist wahrscheinlich, dass das Virus zwar in einem Wildtier seinen Ursprung hatte, sich dann aber schrittweise – erst in einem Zwischenwirt und nach der Übertragung auf den Menschen dann im Menschen selbst – so verändert hat, dass es im Menschen Covid-19 auslösen konnte und so die Übertragung der Krankheit von Mensch zu Mensch möglich wurde.

Ein Muster vergangener Zoonosen ist die Bedeutung von Massentierhaltungen, wie z.B. im Falle der Schweinegrippe, und Wildtiermärkten, auf denen Wildtiere lebend frisch geschlachtet oder zubereitet zum Verkauf angeboten werden. Hier können, wie im Fall von SARS-CoV 1 und sehr wahrscheinlich auch SARS-CoV 2, Krankheitserreger durch Wirtswechsel schnell mutieren und sich ausbreiten.

Fledermäuse aufgrund einer vermeintlichen Gesundheitsgefahr zu bekämpfen, ist völlig unbegründet. Dies ist zudem in Deutschland und in der gesamten EU strafbar. Nicht die Fledermäuse mit ihrer natürlich gewachsenen viralen Vielfalt sind der Kern des Problems, sondern der Mensch, der durch seinen Umgang mit den Tieren, sein unbarmherziges Ausbeuten von natürlichen Ressourcen und der damit verbundenen weltweiten Zerstörung intakter Ökosysteme ein erhöhtes Risiko von zoonotischen Pandemien erzeugt.

Fledermäuse sind weltweit wichtige und unverzichtbare Akteure in Ökosystemen. Sie regulieren Schadinsekten in der Land- und Forstwirtschaft und sind in subtropischen und tropischen Ökosystemen von besonderer Bedeutung für die Verbreitung von Pflanzensamen und die Bestäubung wichtiger Nutzpflanzen. Aufgrund ihrer Biologie als fliegende Säugetiere und ihrer besonderen Sozialstrukturen haben sie im Laufe ihrer Evolution Eigenschaften erworben, die ihnen bei der Eindämmung von Krankheitserregern große Vorteile bieten. Die Wissenschaft steht erst am Anfang, diese Anpassungen zu verstehen und daraus Erkenntnisse zu gewinnen, die für die Human- und Tiermedizin äußerst wertvoll sind.

Die Wahrscheinlichkeit von zoonotischen Pandemien kann in Zukunft verringert werden. Dazu ist es nötig, die Biodiversität in Natur- und Kulturlandschaften wirksamer zu schützen, in denen Tiere vom Menschen ungestört leben können. Dies sollte aus der Einsicht heraus erfolgen, dass intakte Lebensräume mit ihrer hohen Vielfalt an Wildtierarten langfristig auch für die menschliche Gesundheit wichtig sind. Es ist dringend notwendig, sowohl dem Arten- als auch dem Tierschutz einen höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft zu geben. Darüber hinaus ist es wichtig, die Jagd, den Handel und die Verwendung von Wildtieren mit zoonotischem Potenzial weltweit zu regulieren und stark einzuschränken.

Herausgeber: David Anderson und Wolfgang Rackow (Landkreis Göttingen, Northeim, Altkreis Osterode), Dr. Friedhart Knolle und Siegfried Wielert (Landkreis Goslar) und Stefan Meyer (Landkreis Hildesheim), ehrenamtliche Fledermausbetreuer des NLWKN für Südniedersachen, und Nationalpark Harz, Lindenallee 35, 38855 Wernigerode, Tel. 03943/5502-32 & 0170/22 09 174, E-Mail info@nationalpark-harz.de

Quelle: Pressemitteilung Nationalpark Harz vom 29.04.2020
Bildquelle: Nordfledermaus im Harz, Aufnahme Friedel Knolle.

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